Der Kristallschirm (I)


Kommentarnummer: 1842

Heftnummer: 2718

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

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Am Morgen des 27. Dezember 1303 NGZ wurde der von Ka'Marentis Aktakul entwickelte und konstruierte Kristallschirm erstmals aktiviert und hüllte das Arkon-System vollständig ein. Es handelte sich um die Umsetzung einer bereits 1246 NGZ begonnenen und ab 1260 NGZ forcierten Grundlagenforschung, die sich an den von Imperator Bostich genannten Bedingungen orientiert hatte: erstens eine starke systemumspannende Defensiv-Einrichtung, die einem vergleichbaren Paratronschirm nicht nachstehen, sondern wenn möglich sogar übertreffen sollte; zweitens eine möglichst einfache und billige Erstellung, bei der nicht auf riesige Anlagen zurückgegriffen werden musste, wie es beispielsweise beim Paratron oder dem Antitemporalen Gezeitenfeld im Solsystem der Fall gewesen war; drittens eine äußere Erscheinung mit unverkennbarer Symbolkraft, was zur Bezeichnung Kristallschirm führte.
 
Als Wissenschaftler, der durchaus in die Reihe der Koryphäen wie Kalup, Waringer oder Hamiller eingeordnet werden musste, war Aktakul klar, dass die Forderungen seines Imperators nur dann umzusetzen waren, wenn er natürliche Prozesse und Phänomene modifizierte. Wie auch immer der Kristallschirm erzeugt und gesteuert werden sollte – letztlich musste es unter dem Aspekt einer katalytischen Anregung gesehen werden; frei nach dem Motto: kleine Ursache, große Wirkung.
Von außen betrachtet ist der Kristallschirm eine blauweiß-kristallin funkelnde, leicht abgeplattete Sphäre mit einem Durchmesser auf der Ebene der Ekliptik von rund 42 Lichtstunden beziehungsweise 45,36 Milliarden Kilometern, welche das Arkon-System komplett umgibt. Ein Blick von innen nach außen ist nicht möglich, sodass Dunkelheit die sonst sichtbare gleißende Sternenfülle im Zentrum des Kugelsternhaufens Thantur-Lok (M 13) ersetzt.
 
Wie jeder andere Stern verfügt auch die Sonne Arkon über eine Heliosphäre, deren Ausdehnung so weit reicht, bis der Staudruck des Sonnenwindes gleich dem Druck des interstellaren Mediums wird. Hauptbestandteile der Korpuskularstrahlung des Sonnenwindes sind Protonen und Elektronen mit Dichten von einigen Millionen Teilchen pro Kubikmeter und einer mittleren Geschwindigkeit von rund 500 Kilometern pro Sekunde. Da dieser Sonnenwind mit Überschallgeschwindigkeit auf das interstellare Medium prallt, bildet sich in Form der sogenannten Heliopause eine Stoßfront aus – es handelt sich um eine relativ dünne, turbulente Übergangszone, in der sich Dichte, Temperatur und Magnetfeld sprunghaft ändern.
 
Da Hypertrop-Zapfer und Gravitraf-Speicher seit dem Hyperimpedanz-Schock nicht mehr funktionieren, mussten sie ersetzt werden. Arkon III – vormals der am 26. Dezember 1303 NGZ versetzte zwanzigste Planet Subtor – ist der Standort der 300 Projektorstationen von je zwei Kilometern Durchmesser, mit denen der Kristallschirm insgesamt erzeugt wird. Die Energieversorgung wird durch Hypertron-Sonnenzapfung sichergestellt; die Anlagen sind redundant ausgelegt und zapfen entsprechend dem Tag- und Nacht-Rhythmus.
 
Die gewandelte Zapfenergie wird in Form multifrequenter hyperenergetischer Anregungsimpulse abgestrahlt. Die Impulse überlagern sich mit der natürlichen Hyperstrahlung der Sonne Arkon und modifizieren sie derart, dass sie mit der Heliopause in Resonanz tritt – es findet also eine Kopplung wie bei einer mitschwingenden Stimmgabel statt. Ein Teil der Hyperstrahlung gewinnt hierbei in einer Art »hyperenergetischen Resonanzkatastrophe« eine neue Qualität und manifestiert sich in der Stoßfront-Übergangszone als instabile Hyperbarie, welche durch ständige Fluktuation zwischen winzigen, kurzlebigen pseudomateriellen Hyperkristallen und dem übergeordneten Hyperbarie-Zustand selbst ein multifrequenter Hyperstrahler ist. Die hyperenergetische Emission der permanent entstehenden und wieder vergehenden Nano-Hyperkristalle überlagert wiederum die natürliche Hyperstrahlung der Sonne und erzeugt dadurch die eigentliche Schutzwirkung in Form einer undurchdringbaren Grenzschicht dicht vor der Heliopause-Stoßfront.
 
Der Abwehreffekt ist ein sogenannter pararealer Resonanz-Austausch: Sämtliche eindringenden Einflüsse energetischer und festmaterieller Natur werden durch die Grenzschicht des Kristallschirms in eine Pararealität umgeleitet und verschwinden somit unwiederbringlich aus dem Standarduniversum. Bekannte Waffensysteme erzielen keine Wirkung; sie können den Kristallschirm nicht durchbrechen oder punktuell überlasten, da alles wie durch ein unsichtbares Riesentor verschwindet. Nicht einmal auf dem »Umweg« durch den Hyper- oder Linearraum ist normalerweise ein Eindringen in das Arkon-System möglich …


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