Hyperfunk (I)


Kommentarnummer: 1835

Heftnummer: 2711

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

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Als die HALUTA IV gemäß ihrer Notfallprogrammierung unmittelbar vor ihrer Vernichtung einen Hyperfunk-Rafferimpuls ausstrahlte, um Icho Tolots Kompagnon Viccor Bughassidow zu informieren, geschah das per Rundumsendung und somit unweigerlich mit einer vergleichsweise geringen Reichweite. Als weitere Schwierigkeit kam hinzu, dass dem zuständigen Bordrechner bei der Ausstrahlung nicht einmal bekannt war, wo genau sich das (bewegliche) Ziel Viccor Bughassidow/KRUSENSTERN aufhielt. Dass die Nachricht dennoch ihren Weg von der medusischen Welt Kamaad im Orionnebel zum Perkon-System fand – und damit über 35.385 Lichtjahre zur milchstraßenabgewandten Seite des Kugelsternhaufens M 13 –, ist Ergebnis der galaktischen Kommunikations-Infrastruktur.
 
Die Hyperimpedanz-Erhöhung von 1331 NGZ bedeutete für die über Jahrtausende etablierten Strukturen ebenso eine massive Beeinträchtigung wie die Besatzungszeit durch die Terminale Kolonne TRAITOR. In den inzwischen verstrichenen Jahrzehnten wurde aber insbesondere durch das Galaktikum in dieser Hinsicht viel geleistet. Längst dürften die für eine einwandfreie Kommunikation notwendigen Hyperfunk-Relaisstationen in die Milliarden gehen. Selbst damit wird keineswegs eine Komplettvernetzung der rund 100.000 Lichtjahre durchmessenden Milchstraße erreicht, sondern »nur« eine entlang der Hauptrouten sowie im Bereich der Hauptsiedlungsgebiete, wie zum Beispiel der 5000 Lichtjahre durchmessenden, in Innen- und Außensektor unterteilten LFT-Kernsphäre.
 
Während leistungsstarke planetare Großfunkstationen auch Distanzen von Tausenden oder Zehntausenden Lichtjahren überbrücken und Welten in der Milchstraße direkt miteinander verbinden können, ist die Hyperfunkreichweite von Raumschiffen eingeschränkt. Selbst im Fall der KRUSENSTERN beträgt sie beispielsweise etwa 25 Lichtjahre bei Rundumsendung oder 500 Lichtjahre per Richtstrahlprinzip. Aber nicht einmal Richtstrahlsendungen sind ein Allheilmittel, wenngleich sich dadurch die Reichweite eines Hypersenders durchaus um das Zwanzigfache erhöhen lässt – je nach Schärfe der Bündelung unter Umständen sogar noch mehr.
 
Problem dabei ist allerdings, dass je nach Bündelungsschärfe des Senders dieser auch mehr oder weniger genau wissen muss, wo sich die Empfangsantenne des Ziels befindet. Sonst streicht der Richtstrahl seitwärts daran vorbei, und die Verbindung kommt nicht zustande. Schon aus diesem Grund kann bei einem Notruf, der im Normalfall keinen bestimmten Empfänger, sondern nur »irgendjemanden« erreichen soll, das Richtstrahlprinzip nicht angewendet werden – oder doch nur in geringer Bündelung. Damit wird die geringe Reichweite wieder zum Problem.
 
An dieser Stelle setzen die diversen Relaisstationen an, da die Kommunikation selbstverständlich mit entsprechenden Protokollen und Kodierungen arbeitet. Kennt der Sender den Standort des Empfängers, ist die Herstellung einer Verbindung über noch so viele Relaisstationen selbst im milchstraßenweiten Rahmen kein Problem. Die mitgeschickte Zielsignatur bahnt sogar einem Notruf den Weg, da sie in gewisser Weise einer Festnetz-Telefonnummer entspricht. Anders sieht es dagegen aus, wenn unbekannt ist, in welchem Funksektor sich das bewegliche Ziel aufhält – etwa die KRUSENSTERN. Der Absender muss darauf vertrauen, dass erstens eine in Hyperfunkreichweite befindliche Relaisstation erreicht wird, welche zweitens milchstraßenweit nach dem Adressaten sucht – beim Notruf der HALUTA IV quasi ein »Ping-Signal«. Dann geht sinngemäß die Antwort ein: »KRUSENSTERN im Perkon-System, nehme Anruf entgegen.« Erst dann wird die eigentliche Botschaft ans Ziel weitergeleitet.
 
Von Vorteil ist neben der positronischen Leistung der beteiligten Rechner natürlich, dass beim überlichtschnell arbeitenden Hyperfunk, der den übergeordneten Hyperraum als Trägermedium benutzt, die eigentliche Signalübertragung zeitverlustfrei erfolgt. Dennoch gibt es diverse Faktoren, die beim Hyperfunk eine Rolle spielen und eine negative Wirkung entfalten, je weiter entfernt der jeweilige Empfänger ist.
 
Hauptstörquelle sind bei den Auswirkungen der erhöhten Hyperimpedanz vor allem die galaktischen Hyperstürme.
Im Fall der HALUTA IV ist das Notruf-Raffersignal überdies nachträglich nicht nur gestückelt, sondern auch mehrfach korrumpiert worden. Ganz so, als habe man es an verschiedenen Stellen auszulöschen versucht, dies aber nicht vollständig geschafft. Durchaus möglich also, dass die Onryonen nicht nur mithören, sondern dass sie auch dabei sind, eine Art Hyperfunk-Zensur einzurichten.


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