Schreckwurm-Drohung


Kommentarnummer: 1833

Heftnummer: 2709

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

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Es war ein ziemlich perfider Plan, den die Tefroder ausgeheckt hatten, als sie ein täuschend echtes Imitat eines Hornschrecken-Eis zum Einsatz brachten. Eines der Schoteneier also, aus dem Hornschrecken schlüpften, die am Ende einer komplexen Metamorphose über Molkex zu Schreckwürmern wurden. Bestens geeignet, einen Terrorakt durchzuführen beziehungsweise damit zu drohen. Immerhin vernichteten geschlüpfte Hornschrecken die Oberfläche eines ganzen Planeten ...
 
Ein von Trelast-Pevor modifizierter Bioschichtendrucker fertigte das zehn Zentimeter lange, aber nur zwei Zentimeter dicke Ellipsoid. Die ins Violette spielende Farbe hatte einen Stich ins Grünliche. Das frisch gedruckte Objekt wirkte sehr alt, sicher einige Hundert Jahre. Aber es war alles andere als tot. Als sich Toio Zindher mit ihrer speziellen Gabe als Vitaltelepathin das Objekt »einmal ansah«, barst das Imitat-Ei fast vor Vitalität – wenn auch einer merkwürdig dunklen, bewusstlosen, dabei extrem komplexen Vitalität.
 
Das Ganze hat einen durchaus berechtigten Hintergrund. Nach dem 4. August 2326 – als Lemy Danger den Zellaktivator auf Eysal zerstörte –, aber vor der Vernichtung von Tombstone im Mai 2368 können Gataser ebenso wie Apasos Schreckwurm-Eier in Sicherheit gebracht und konserviert haben. Auf Welten zur Reife gebracht, würde das ein Auferstehen und Fortleben der Schreckwürmer bedeuten, obwohl diese eigentlich mit Tombstone vollständig vernichtet wurden. Eine Konservierung der Schoteneier war schließlich möglich, für die Aktivierung war ein Hyperimpuls von außen notwendig – ähnlich wie seinerzeit durch den Stoßfrontgenerator auf Eysal. Dass dergleichen in den vergangenen Jahrtausenden nicht passiert ist, hat unter dem Strich nichts zu heißen.
 
Wir wissen weiterhin, dass die Schreckwürmer 400 bis 500 Jahre benötigten, bis die Entwicklung der Eier – als Produkt aufgefangener Hyperstrahlung – zur Ablage abgeschlossen war. Die Eier an sich konnten nach der Ablage direkt Hornschrecken schlüpfen lassen. Diese hatten die unangenehme Eigenschaft, innerhalb kurzer Zeit die Oberfläche eines ganzen Planeten völlig kahl fressen zu können.
 
Die raupenähnlichen, elf Zentimeter langen Wesen waren violett gefärbt und in der Körpermitte wie eine Wespe eingeschnürt. Der augenlose Kopf hatte am hinteren Rand vier Beißzangen, zwei oben, zwei unten. Unter der Brust gab es winzige Füße – rund 50 Stück. Die Fortbewegung bestand aus Zusammenkrümmen und Fortschnellen mit einer Sprungweite von bis zu fünf Metern. Im Maul gab es eine Reihe feiner Zähne, in der Mitte befand sich ein großer, gebogener Zahn – er war hohl und verspritzte Schrecksäure als Sprühnebel, der jede Materie zerstörte.
 
Aufgelöste Materie wurde gefressen, danach kam es zur Ausscheidung eines transparenten Sekrets, das dem der mittigen Teilung zur Vermehrung entsprach. Sobald es »erkaltet« war, entwickelte es eine unglaubliche Härte und war selbst von Energiestrahlern nicht angreifbar. Eisen gehörte aufgrund der Nukleostabilität zur Delikatesse der Hornschrecken. Ihre organische Materie konnte Energie speichern; Strukturumbildungen bewirkten eine Verhärtung. Letzte Hornschrecken zerflossen, nachdem ein Planet vollständig kahl gefressen war, und bildeten mit dem erstarrten Sekret eine glänzende Schicht aus ... Molkex.
 
Dieser »molekular-katalytische Extrakt« hüllte als Mantel den gesamten Planeten ein, nachdem er von Hornschrecken heimgesucht wurde. Molkex war keine Materie im eigentlichen Sinn, obwohl halb organisch und halb mineralogisch, sondern aufgrund der extrem starken Bindungskräfte Hypermaterie, die Energie absorbieren konnte. Im Urzustand war Molkex transparent und flexibel; es verhärtete sich durch Absorption von Energie und wechselte auch die Farbe nach Braun bis Schwarzbraun. Aus Molkexblasen wiederum entwickelten sich die wurmförmigen, 20 Meter langen und drei Meter dicken Schreckwürmer, deren Kopf bis zu fünf Metern Durchmesser erreichte und Greifzangen wie bei den Hornschrecken aufwies.
 
Die allgemeine Verarbeitung von Molkex erfolgte durch den Einsatz von B-Hormon der Jülziish. Die Bezeichnung »Baby-Hormon« für die dünnflüssige honiggelbe Flüssigkeit stammte von Lemy Danger, der Jülziish-Begriff lautet Tlynosy. Die Drüsensekrete werden bis zum etwa zehnten Lebenstag von neugeborenen Jülziish anstelle von Harn ausgeschieden. Der hohe Verbrauch des B-Hormons zur Molkex-Bearbeitung war seinerzeit unter anderem ein Grund für die extrem hohe Überbevölkerung, da die pragmatisch denkenden, gefühlsarmen Jülziish ihre Nachwuchsproduktion nicht zuletzt aus Gründen der B-Hormon-Gewinnung betrieben hatten.


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