Balpirol-Proteindirigenten


Kommentarnummer: 1948

Heftnummer: 2824

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

Weitere Teile:

            



Über die Eyleshioni und ihre Heimatwelt Eyyo ist kaum etwas bekannt. Seit den Ereignissen auf Everblack weiß man aber, dass die von den Tefrodern als Balpirol-Proteindirigenten bezeichnete Ursache der »Posbi-Seuche« auf den Eyleshion Monanjo Shatabad zurückgeht. Er hat nicht nur an dem Projekt mitgewirkt, sondern es entwickelt, und er befand sich an Bord des tefrodischen NEBERU-Raumers OVASAPIAN VII. Es ist alles genau so, wie es sein soll und wir es geplant haben. Kein Grund zur Sorge, die Entwicklung verläuft zufriedenstellend. Wir sind genau zum richtigen Zeitpunkt eingetroffen. Nun werden die von mir und meinem Bio-Atelier gestalteten Balpirol-Proteindirigenten die entstandenen Trübungen durch das emotional aufgeladene Plasma minimieren. Eine kleine, vorsorglich installierte Selbstkorrektur, die erforderlich war, wie sich nun zeigt. Und dann ist alles perfekt. (PR 2782) So leistungsfähig die Kombination aus positronischer Rechnerstruktur und biologisch lebender Komponente bei den Posbis im Normalfall auch sein mag – unter dem Einfluss der »Posbi-Paranoia« entsteht eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Durch den Kontakt mit dem Plasmaregenten von Alpha-Sheredado dürfte eine weitere Verbreitung weitgehend verhindert worden sein. Immerhin versprach er, für eine Abriegelung zu sorgen, sodass Everblack offiziell seither unter absoluter Isolation steht. Aber die eigentliche Bedrohung ist damit nicht beseitigt. Daran dürfte auch das weitere Versprechen des Plasmaregenten, sofort alle verfügbaren Kräfte zu mobilisieren, um einen Impfstoff zu entwickeln und eine Massenproduktion zu starten, wenig ändern – zumal nicht abzusehen ist, ob und vor allem wann das gelingt (PR 2782). Gemäß der alten posbischen Definition wird der Komplex von hypertoyktischer Verzahnung plus Hyperimpuls-Umformer plus Positronik als Hyperinpotronik bezeichnet.
 
Bei diesem System übernimmt der Plasmazusatz »nur« die Aufgabe des »Gefühlssektors« – er entwickelt andererseits aber gerade deshalb Eigenleben und Kreativität. Die Denkvorgänge sind effizienter und erreichen im Rahmen der Grundsatzprogrammierungen einen nicht zu unterschätzenden Grad individueller Entscheidungsfreiheit. Technisch verwertbare Symbolgruppen werden hierbei in organische Impulse und umgekehrt umgesetzt. Gleichzeitig wird die Kalkulationsgeschwindigkeit eines hochwertigen Rechners mit dem intuitiven, schöpferischen Denken und dem Individualbewusstsein einer echten organischen Intelligenz kombiniert – seit dem Evolutionssprung der Posbis im Jahr 428 NGZ wird dies auch als Bionische Vernetzung umschrieben. Unabhängig von der Menge ist das Zellplasma weiterhin eine semitransparentblassbraun bis -bläulich gefärbte amorphe Masse, die dennoch ein neuronales Netz mit hoch regenerativen Binnenstrukturen bildet. Trotz der immensen Flexibilität gibt es dauerhafte, zelluläre mnemonische Engramme. Die Verbindung zwischen Plasma und den positronischen Komponenten stellen Bioponblöcke sicher, deren vernetzte Ausläufer die Zellmasse durchziehen – Balpirol-Halbleiter genannte syntho-organische Verbindungseinheiten zwischen organischen Nervenbahnen und positronischen Leitern. Genau hier setzen die Balpirol-Proteindirigenten an. Zugang erhalten sie über die obligatorischen Ver- und Entsorgungseinrichtungen, die das Überleben des Zellplasmas gewährleisten. Denn es ist vor allem eins: ein Lebewesen.
 
 Als solches hat es einen Stoffwechsel, es atmet, nimmt Nahrungsstoffe auf und muss Stoffwechselendprodukte abgeben. Bei aller sonstigen Isolierung haben deshalb die Ver- und Entsorgungsanlagen zwangsläufig Verbindungen nach außen ... Ist das Bioplasma erst einmal von den programmierten prionenartigen Fremdstoffen befallen, konzentrieren sie sich in der Region der Balpirol-Halbleiter als maßgeblicher Schnittstelle zwischen Plasma und Positronik. Vordergründig sind die Balpirol-Proteindirigenten infektiöse Eiweißpartikel – also Proteine, die im tierischen Organismus sowohl in normalen (physiologischen), aber auch anormalen und dann krank machenden (pathogenen) Strukturen auftauchen können. Es sind keine Lebewesen, sondern organische Gifte mit virusähnlichen Eigenschaften. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Laut Jatin sind es wahre Wunderwerke der Biotechnologie; sehr komplexe, aber – da von den Eyleshioni stammend – nicht klassisch-technische, sondern biochemische Nanomaschinen. Selbst die Ara-Medotechnologie wäre kaum in der Lage, solche Wirkstoffe zu produzieren. Durch einen Mantel aus biologischem Material getarnt, breiten sie sich über die Luft aus und finden eigenständig den Weg zu den Balpirol-Halbleitern ...


Alle Seiten, Datenbanken und Scripte © PR & Atlan Materiequelle (1997 - 2019)