Abermals: Linearraumtorpedos


Kommentarnummer: 1865

Heftnummer: 2741

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

Weitere Teile:

            



Der Angriff der Onryonen auf den Planeten Noros im Halo-System hat abermals gezeigt, dass die Linearraumtorpedos eine Bedrohung darstellen, gegen die es bislang kein Mittel gibt. Leider sind letztlich sämtliche galaktischen Flotten in noch so großer Zahl wertlos, wenn sie es nicht schaffen, bewohnte wie unbewohnte Planeten im ausreichenden Maß abzusichern. Und es ist in der Tat kein effektiver Schutz der Planeten vor den Linearraumtorpedos möglich, sofern diese nicht komplett von Paratronschirmen umhüllt sind.
 
Solche Anlagen, die einen beachtlichen Aufwand erfordern und nur durch Hypertrop-Sonnenzapfung ausreichend versorgt werden können, gibt es aber leider nur wenige in der Milchstraße. Nicht zuletzt die erhöhte Hyperimpedanz und die mit ihr verbundenen Schwierigkeiten haben verhindert – trotz TRAITOR und ähnlicher negativer Erfahrungen in den letzten Jahrhunderten –, dass der immense Aufwand auf breiter Front betrieben wurde. Hinzu kommt, dass die Zapfstrahlen unweigerlich Strukturlücken erfordern, die nach derzeitigem Wissensstand mit hoher Wahrscheinlichkeit von Linearraumtorpedos ausgenutzt und passiert werden können.
 
Insbesondere die Zielgenauigkeit, die im Fall von Noros beobachtet wurde – die Torpedos materialisierten 150 Kilometer über der Oberfläche aus dem Linearraum, rasten mit halber Lichtgeschwindigkeit weiter und schlugen binnen einer Tausendstel Sekunde ein – lässt die berechtigte Vermutung zu, dass sie sich auch durch kleine Strukturlücken schlängeln können. Vor allem, wenn die eingesetzte Zahl der Torpedos in die Hunderte oder Tausende geht. Da die Linearraumtorpedos und die Linearraumtechnologie den Onryonen solche Vorteile verschaffen, muss also eine ebenbürtige Technik entwickelt werden. Dazu wird allerdings ein Linearraumtorpedo als Anschauungsobjekt benötigt. Im Roman wird geschildert, wie Lordadmiral Monkey dieses Ziel zu erreichen versucht.
 
Vorerst müssen wir mit dem arbeiten, was an Informationen zur Verfügung steht – und in dieser Hinsicht hat der Angriff auf Noros durchaus weitere Daten geliefert. Schon länger bekannt sind das Aussehen und die Standardgröße: Dreißig Meter lange und drei Meter durchmessende Zylinder haben am Bug eine kugelförmige Verdickung von acht Metern Durchmesser. Ortungsauswertungen besagen, dass der Großteil des Zylinders vom kombinierten Sublicht- und Lineartriebwerk und dessen Energieversorgungseinheit bestimmt wird. Anschließend folgt ein Abschnitt vor der Verdickung, der die Steuerung sowie Ortung und Tastung beansprucht, während sich im Kugelbug der eigentliche Sprengsatz befindet.
 
Die Torpedos werden mittels gravomechanischer Kraftfelder aus den Onryonenschiffen katapultiert und aktivieren dann ihren Eigenantrieb. Dieser beschleunigt die Torpedos mit 375 Kilometern pro Sekundenquadrat in achtzig Sekunden bis auf nur zehn Prozent der Lichtgeschwindigkeit und lässt sie, nachdem bei dieser Sublichtbeschleunigung etwa 1,2 Millionen Kilometer zurückgelegt wurden, in den Linearraum wechseln. Im Normalfall können die Torpedos dort ein Ziel anmessen, anvisieren und zerstören – aber es gibt, wie Noros gezeigt hat, auch die Möglichkeit, punktgenau zu materialisieren und extrem nahe Ziele wie einen Planeten anfliegen.
 
Damit steht endgültig fest, dass die Schiffe der Onryonen eine ganz neue Dimension von Bedrohung darstellen; ihre Linearraumtorpedos verleihen ihnen eine erschreckende Macht. Leider zeigt es auch, dass eine inzwischen seit Jahrtausenden eingesetzte und als »bekannt« eingeschätzte Technologie längst nicht ihre Geheimnisse offenbart hat. Dass der Halb- oder Linearraum seine besonderen Tücken hat, zeigte andererseits die beachtliche Dauer, bis ein brauchbarer Halbraumspürer entwickelt werden konnte.
 
Zwar gab es zum Linearraum selbstverständlich viele Forschungen, aber serienreife Neuentwicklungen wurden nicht verzeichnet – mal von gewissen Verbesserungen bei den Triebwerken abgesehen, die durchaus eine Fortentwicklung über die verschiedenen Kalup- und Waring-Konverter bis hin zu den modernen Hawk-Aggregaten aufwiesen. Aber damit hatte es sich dann leider; nicht einmal die diversen Schubladenkonzepte eines Arno Kalups kamen über vereinzelte Prototypen hinaus.
Dieses Defizit erweist sich nun als ziemlich fatal, weil in vielen Bereichen zunächst Grundlagenforschung betrieben werden muss. Zu lange verließ man sich beim Linearraum auf die reine Fortbewegung und die vermeintliche Sicherheit während des Fluges. Nun sind aber Ergebnisse bei Ortung und Tastung, Zielsteuerung und Defensivwirkung nötig, um Mittel und Wege zu Torpedoabwehr zu finden – und das möglichst schnell …


Alle Seiten, Datenbanken und Scripte © PR & Atlan Materiequelle (1997 - 2019)