Kontrafaktische Wirklichkeiten ? (III)


Kommentarnummer: 1863

Heftnummer: 2739

Erschienen: 01.01.1970

Betrifft die Begriffe:

   

   

Autor:

Rainer Castor

Erster Teil:

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Rein theoretisch hat die Überlegung etwas Faszinierendes: Man nehme oder konstruiere eine wie auch immer geartete Vorrichtung und nutze sie, um damit jederzeit in »unerwünschte« Entwicklungen eingreifen und sie korrigieren zu können, sodass am Ende als Ergebnis genau der gewünschte Zeitablauf herauskommt. Eine Reise, die nicht nur durch die Zeit, sondern die passenden »Universen« führt und missliebige Entwicklungen schon im Ansatz »ersticken« kann. Eine Art Temporalhygiene oder Zeitwacht also.
 
Erinnert das nicht fatal an das Vorgehen des Atopischen Tribunals? Wer auch immer hinter diesem stehen mag – vergleichbare Versuche wurden immer wieder unternommen, wie zum Beispiel vom Vaianischen Ingenieur Rintacha Sahin: Da er sich der mit Zeitschleifen und -paradoxien verbundenen Schwierigkeiten bewusst war, wollte er das bisherige Raum-Zeit-Kontinuum nachhaltig verändern, es nach seinen Ideen umgestalten. Mit der Rintacha-Wandelzeit wollte er etwas formen, das deutlich über den bekannten Ablauf hinausging, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft förmlich nach Wunsch konstruieren, ganz wie ein Bauwerk, nur eben nicht im Raum, sondern in der Zeit!
 
(...) Eingriffe im Sahinschen Sinne erfordern ganz offensichtlich ein Niveau, das über das normaler Lebewesen hinausgeht. Geschöpfe ab dem Status einer Superintelligenz vermutlich, die teilweise oder ganz Bestandteil des Hyperraums und des Multiversums geworden sind und von dieser Warte aus einen ganz anderen Blickwinkel haben, denen die parallelen, alternativen, komplementären oder wie auch immer zu beschreibenden Universen zugänglich sind. (PRK 2175)
 
Beim Multiversum sind wir schließlich bei jener »Welt«, in der letztlich vermutlich alles realisiert ist und es unter Umständen kaum noch Sinn ergibt, zwischen zeitlichen und anderen Aspekten zu unterscheiden. Vor dem Hintergrund der Eigenschaften des Howalgoniums entwickelte Professor Arno Kalup schon im Jahr 2090 seine Hypothese einander paralleler Universen.
 
Aufgrund seiner Kenntnisse von der Ausdehnung und Massebelegung unseres Universums gelangte Kalup zu dem Schluss, dass etwa Zehn-hoch-achtzig-Fakultät Paralleluniversen existieren müssten. Das ist das Produkt aller Zahlen von eins bis zehn-hoch-achtzig und damit eine überwältigend große Zahl.
 
Jede dieser Kombinationen ist verwirklicht. Es gibt parallele Bezugsebenen, die sich nur dadurch unterscheiden, dass irgendwo in der Weite des Weltalls ein blaues Lichtquant durch den Äther zieht, während es auf der benachbarten Ebene ein grünes Quant ist. Wenn du dich nicht in unmittelbarer Nähe gerade dieses einen Quants befändest, könntest du die beiden Ebenen nicht voneinander unterscheiden.
 
Dagegen gibt es zwischen zwei anderen Bezugsebenen so himmelweite Unterschiede, dass Ähnlichkeiten überhaupt nicht bestehen. Wo zum Beispiel anstelle der Erde ein Jupiter-Riese die Sonne umkreist oder – noch krasser – die gesamte Materie des Universums in einem gewaltigen Klumpen zusammengeballt ist. Zwischen diesen beiden Extremen ist jede denkbare Möglichkeit verwirklicht. (PR 600)
 
Universen, die einander sehr ähnlich sind, wurden vom Pararealisten Sato Ambush als »parallele Wirklichkeiten« definiert, wobei die Neigung dieser Wirklichkeiten, sich unter gewissen Umständen sprunghaft zu verändern, ihr Realitätsgradient, den Übergang zu Kalups Paralleluniversen ebenso beinhaltete wie den Übergang zur höheren Mächtigkeit aller möglichen Universen.
 
Bei ihrer Darstellung wurde auch von Parachron-Physik gesprochen (parachron bedeutet »neben der Zeit her«) und postuliert: Die Natur kennt die Zeit nicht, sondern nur das Nebeneinander der ungeheuren, aber endlichen Zahl von Universen, so dass das Zeitempfinden demzufolge eine subjektive Reaktion auf das Erkennen der jeweils unmittelbar benachbarten Bezugsebene ist.
 
Über die Mächtigkeit der Gesamtmenge aller Universen, die sämtliche weiteren Kombinationsmöglichkeiten »zeitlicher« wie auch exotischer Natur beinhaltet, machte Kalup keine Aussage. Vermutlich, um keine Entscheidung darüber treffen zu müssen, ob von einer endlichen oder unendlichen Mächtigkeit auszugehen sei. So ist zum Beispiel die Menge der natürlichen Zahlen, die der ganzen Zahlen und jene der rationalen Zahlen gleichmächtig (äquivalent) und wird der kleinsten »transfiniten Kardinalzahl« Aleph 0 zugeordnet, während die Menge der reellen und komplexen Zahlen zwar ebenfalls gleichmächtig ist, jedoch von höherer Mächtigkeit als die erstgenannten – ausgedrückt als Aleph 1.
»Platz genug« für Kontrafaktische Wirklichkeiten?


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