Viibad-Riffe (2)
Ein beträchtlicher Teil der Gas- und Staubanteile im Bereich der Viibad-Riffe wird von bläulichen, permanent entstehenden und wieder vergehenden Nano-Hyperkristallen gebildet, da sich in dem Chaos ein Teil der Hyperstrahlung als instabile Hyperbarie manifestiert. Diese ist durch ständige Fluktuation zwischen den winzigen kurzlebigen pseudomateriellen Hyperkristallen und dem übergeordneten Hyperbarie-Zustand selbst ein multifrequenter Hyperstrahler.
Nemo Partijian verweist darauf, dass das Prinzip den ebenfalls winzigen Hyperkristallen im Kristallschirm des Solsystems gleicht, nur dass hier kein vergleichbarer Schirm entsteht. Wohl aber unter Umständen Bruchzonen im Raum-Zeit-Gefüge, die der Kristallschirm-Grenzschicht entsprechen und möglicherweise ebenfalls Effekte wie den pararealen Resonanz-Austausch zur Folge haben können. Somit ist es also durchaus möglich, dass diese Besonderheit zur Stabilität der hiesigen Tryortan-Schlünde beiträgt – beziehungsweise Viibad-Klüften, wie sie hier genannt werden –, die mindestens über Jahrtausende existieren, wenn nicht gar länger.
Aus der Milchstraße ist bekannt, dass Tryortan-Schlünde umso häufiger auftreten, je stärker ein Hypersturm ausfällt – Ergebnis sind die charakteristisch tiefroten Leuchterscheinungen, die von schwarzen Aufrissen durchzuckt werden. Je nach Größe können sie sogar ganze Sonnensysteme ins »Nirgendwo« versetzen oder im Hyperraum verwehen lassen. Mitunter speien Tryortan-Schlünde auch Objekte wieder aus – kleine Himmelskörper, Staubmassen und dergleichen bis zu Raumschiffen oder deren Wracks, die möglicherweise von anderen Schlünden eingesogen und einer Zwangstransition unterworfen wurden.
Die grundsätzliche Natur der Hyperstürme ist kein großes Geheimnis; dass Sonnen Hyperstrahler sind, ist schließlich seit Langem bekannt. Meist bewegen sich diese Emissionen im niederfrequenten Abschnitt des hyperenergetischen Spektrums, aber es sind auch solche bekannt, die in die UHF-Bereiche hineinragen. Hintergrund ist, dass sämtliche Materie einen gewissen »hyperphysikalischen Anteil« hat. Erscheinungen des Standarduniversums einschließlich Masse, Energie und der konventionellen Fundamentalkräfte werden nach den gängigen Modellen als Äquivalente des Höhergeordneten angesehen. Ereignisse im Hyperraum erzeugen »Abdrücke« im Standardkontinuum oder umgekehrt – jeder Vorgang im Standarduniversum spiegelt ein Ereignis im Hyperraum wider.
Da die Sonnen überdies auch im normalphysikalischen Bereich permanent aktiv und räumlich in Bewegung sind sowie langfristig eine Entwicklung durchmachen – von der Geburt über Nova- und Supernova-Explosionen bis zum Endstadium als Weißer Zwerg, Neutronenstern oder Schwarzes Loch –, verändert sich parallel dazu die Hyperemission. Im Gegensatz zu konventioneller Strahlung oder Partikelströmen ist die Ausbreitung der Hyperstrahlung jedoch überlichtschnell oder erfolgt gar in »Nullzeit«, sodass Änderungen augenblicklich auf benachbarte und weiter entfernte Sterne wirken.
Insgesamt entsteht somit ein Muster einander teilweise abschwächender, an anderer Stelle verstärkender Überlagerung der Hyperstrahlung; ein Muster überdies, das sich wie die Sonnen und ihre Aktivität ebenfalls permanent verändert, von Resonanzeffekten begleitet ist und dergleichen mehr. In Gebieten mit hoher Sternendichte sind die Wirkungen zwangsläufig größer als in solchen mit geringer oder gar im Leerraum zwischen den Galaxien.
Hyperenergetische Turbulenzen innerhalb starker Hyperstürme zeichnen sich in der Hauptsache durch zwei Eigenschaften aus: Sie sind räumlich eng begrenzt und überaus langlebig. Bleiben solche Turbulenzen über längere Zeit oder gar permanent ortsstabil, wird in der Milchstraße von einem Hypersturmriff gesprochen; eine Navigation ist dort nahezu nicht mehr möglich, entsprechende Gebiete werden meist gemieden und weiträumig umflogen.
Ein solches Hypersturmriff ist das nur 172 Lichtjahre von der Position des Solsystems entfernte Antares-Riff als zwanzig Lichtjahre durchmessendes Epizentrum eines Hypersturms. Seine wirbelförmigen Ausläufer suchen seit dem Hyperimpedanz-Schock von 1331 NGZ den gesamten LFT-Innensektor mit rund 2000 Lichtjahren Durchmesser heim und haben sich mit Mittelwerten um 50 Meg dauerhaft »festgesetzt«, erreichen bei lokalen Spitzen jedoch durchaus 100, 150 oder seit Anfang 1466 NGZ gar 200 Meg und mehr.
Ähnlich wie schon die Anthurianer vor zehn Millionen Jahren bei der Entwicklung des Polyport-Systems die Naturkräfte nutzten, wurden die stabilen Viibad-Riffe in Chanda ebenfalls als Chance gesehen …
Rainer Castor
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